Das erste StoP©-Projekt in Bremen – Pilotstandort in Osterholz-Tenever

Silvester 2018 – eine 27jährige Frau wird von ihrem 27jährigen Ehemann in der Silvesternacht mitten in Tenever erstochen. Diesem Femizid folgte nicht nur eine negative Presse für den Stadtteil Osterholz-Tenever, sondern auch der große Wunsch und das Engagement, endlich gegen Partnergewalt bzw. Häusliche Gewalt vorzugehen. Denn solche Taten geschehen nicht im reinen Affekt – die Gewalt ist komplex und wird oft bereits über einen langen Zeitraum ausgeübt. Hinter verschlossenen Türen, im vermeintlich „sicheren“ Umfeld.

Der Tat folgte einige Monate später eine Veranstaltung zum Thema Häusliche Gewalt, an der viele Mitarbeiter*innen und Akteure aus Tenever teilnahmen und bei der unter anderem das StoP©-Projekt von Prof. Dr. Sabine Stövesand vorgestellt wurde. Dieses stadtteilbezogene Konzept wird bereits seit vielen Jahren in Hamburg und mittlerweile in über 50 weiteren Stadtteilen in Deutschland und Österreich erfolgreich umgesetzt.

StoP© steht für „Stadtteile ohne Partnergewalt“. Dieses von Sabine Stövesand entwickelte Handlungskonzept, für das sie 2024 das Bundesverdienstkreuz erhielt, soll in einem Stadtteil dazu beitragen, niedrigschwellig über Partnergewalt und die Zugänge zum vorhandenen Hilfesystem der jeweiligen Stadt zu informieren. Dabei liegt die Aufgabe bei den aktiven Anwohner*innen des Stadtteils, sich zunächst selbst zu informieren, an regelmäßigen Austauschtreffen, Informationsveranstaltungen, Workshops und selbstgeplanten Aktionen teilzunehmen. Diese Multiplikator*innen klären ihre Nachbarschaft darüber auf, was Partnergewalt ist, wie sich Zivilcourage umsetzen lässt und wie jeder Mensch die Chance hat, sich im Rahmen seiner und ihrer Möglichkeiten zu engagieren.

Dabei geht es nicht um große Gesten, eine Bürgerwehr oder Heldentaten. Beispielsweise kann ein offenes Ohr, Verständnis und Unterstützung für Betroffenen von Partnergewalt, bereits ein Schritt in Richtung Sicherheit und Enttabuisierung sein.

„Häusliche Gewalt oder auch Partnergewalt liegt immer dann vor, wenn es in einer häuslichen Gemeinschaft (z.B. Ehe, Lebenspartnerschaft, Beziehung) zu Gewalt kommt.

Es ist auch dann häusliche Gewalt, wenn die häusliche Gemeinschaft gerade aufgelöst wird oder eine Trennung noch nicht allzu lange zurück liegt. Die Tat muss nicht innerhalb der gemeinsamen Wohnung stattfinden.“ (von der Internetseite: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/infothek/haeusliche-gewalt/merkmale-und-tatsachen.html)

Viele Meschen fragen sich, was dieses Thema mit ihnen selbst zu tun hat oder dass doch auch Männer von Partnergewalt betroffen sind.

Grundsätzlich lässt sich vorwegnehmen, dass Partnergewalt ein gesellschaftliches Problem und keine Privatangelegenheit ist. Partnergewalt findet in allen Stadtteilen und allen gesellschaftlichen Schichten statt. Um präventiv handeln zu können, muss zunächst mit Desinformationen aufgeräumt werden. Auch um für mehr Klarheit bei diesem Tabuthema zu sorgen, ist StoP© da.

Damit über diese Fragen in einer offenen Gruppe gesprochen werden kann und um StoP© in Tenever zu koordinieren, ist Anne Kaupisch von der reisenden werkschule scholen e.V. direkt in den Stadtteil gekommen. Die 44 jährige Sozialarbeiterin ist mit vollem Engagement dabei und hat sich bereits in vereinzelten Gruppen im Stadtteil vorstellt.

Um noch mehr Menschen zu erreichen, fand am 01. Oktober eine erste Informationsveranstaltung statt. Hier wurde bei Getränken und Snacks das StoP©-Projekt noch einmal detaillierter vorgestellt, über die aktuellen Zahlen von Partnergewalt informiert und auch die ersten Möglichkeiten zur Vernetzung und um sich zu beteiligen geboten.

In Zukunft soll es regelmäßig zu offenen Infoveranstaltungen, aber auch ersten StoP©-Treffen geben, bei denen sich Interessierte Menschen zu unterschiedlichen Aktionen und einem allgemeinen Austausch treffen können. Zusätzlich wird Frau Kaupisch in die bereits bestehenden Gruppen kommen, um StoP© vorzustellen und erste Fragen zu beantworten.

Weitere Informationen und zukünftige Termine finden Sie auf der StoP©-Hauptwebseite (https://stop-partnergewalt.org/) oder der StoP©-Standortseite (https://stop-partnergewalt.org/standorte/osterholz-tenever/) für Tenever.

Für weitere Fragen steht Ihnen Anne Kaupisch unter 0176 17 94 35 10 (Mo. – Fr., 10-14 Uhr) telefonisch oder unter anne.kaupisch@rws-ev.de bzw. osterholz-tenever@stop-partnergewalt.org zur Verfügung.

Anne Kaupisch, Projektkoordinatorin