Der zweite Weltkrieg war auch für Osterholz eine einzige Katastrophe mit vielen Opfern. Deshalb hat sich die Geschichtswerkstatt beim Ortsamt Osterholz zur Aufgabe gemacht, an die „vernichteten“ Menschen aus den verschiedenen Einrichtungen im Stadtteil zu erinnern und dieses dunkelste Kapitel unserer Geschichte aufzuarbeiten.
Jüngstes Beispiel dieser Arbeit ist die kürzliche Verlegung einer Gedenkplatte mit Text im Innenhof („Rosenhof“) der Egestorff Stiftung, d. h. dort im Zentrum des denkmalgeschützten Klinker-Komplexes von 1912. Dieser Text soll an die Menschen, die hier bis zum Kriegsbeginn 1939 gelebt haben und danach ihren gewaltsamen Tod fanden, erinnert werden. Denn, was kaum noch jemand heutzutage weiß: Der Egestorff-Gebäude-Komplex wurde damals von der Wehrmacht sofort für den Krieg geräumt, um daraus bis 1945 ein Lazarett für verwundete Soldaten zu machen. Die alten Bewohner wurden zwangsumgesiedelt. 66 von ihnen kamen in die Osterholzer Nervenklinik (damals genannt „Ellen“). Nach rund vier Jahren, am 26. November 1943, wurde diese bei einem schweren Bombenangriff, der eigentlich die große Flakstellung daneben treffen sollte, stark zerstört, einige Gebäude sogar vollständig. 67 von den Patienten/Bewohnern waren sofort tot, darunter auch einige Ehemalige aus Egestorff. 306 Menschen wurden bald danach am 8. Dezember per Zug in eine vergleichbare „Anstalt“ nach Meseritz (östlich der Oder) gebracht. Dort fielen sie als „Ballastexistenzen“ in den Wochen danach dem Nazi-Euthanasieprogramm (Vernichtung „unwerten Lebens“) zum Opfer. Unter ihnen waren wiederum neun ehemalige Egestorff-Bewohner, die gleichfalls von den Ärzten ermordet wurden.- Die Osterholzer Geschichtswerkstatt wollte unbedingt, unterstützt vom Stadtteilbeirat sowie der Egestorff-Stiftung mit dem jetzt im Dezember unter der Glocke im „Rosenhof“ (vgl. Foto) verlegten Gedenkstein erreichen, dass an diese Zeit des Terrors und der Vernichtung so vieler Menschenleben dauerhaft erinnert wird. In einer kleinen gemeinsamen Feierstunde vor dem neuen „Denkmal“ berichtete Horst Massmann – seit fast 23 Jahren Mitglied des Beirates sowie Mitgründer der jüngeren Geschichtswerkstatt – den Anwesenden aus Stiftung und Stadtteil vom geschichtlichen Hintergrund und dem Anliegen.
Er entzündete auch eine Gedenkkerze und schlug die Glocke kurz an. Danach legten Mitarbeitende der Stiftung auch Blumen auf der Gedenktafel nieder. So wurde mit verschiedenen Mitteln das Gedenken unterstrichen. Kurze Redebeiträge sowie eine musikalische Umrahmung durch einen kleinen Chor von Bewohnern ergänzten das Vorhaben sehr angemessen. Alles wurde fotografisch von einem Beiratsmitglied und dem Osterholzer Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter festgehalten – auch der Text (vgl. Foto) auf der Granitplatte.
Der letzte Satz lautet: Das Verbrechen dürfen wir nicht vergessen!